Gigg+Volt wirft Magistrat systematische Missachtung des Parlaments vor
Im Zusammenhang mit der Nicht-Weiterleitung von Stellungnahmen des Revisionsamts in Bezug auf überplanmäßige Ausgaben in Millionenhöhe im Jugendamt macht die Fraktion Gigg+Volt dem Magistrat der Stadt Gießen schwere Vorwürfe.
In der Stadtverordnetenversammlung am 5. Oktober war deutlich geworden, dass den Stadtverordneten in Gießen Stellungnahmen u. a. des Revisionsamts seit vielen Jahren vorenthalten werden. Dieses Vorgehen war öffentlich geworden, nachdem Gigg+Volt in der Sitzung des zuständigen Haushaltsausschusses gefragt hatte, ob es zu überplanmäßigen Ausgaben von 2,6 Millionen Euro für das Jugendamt keine Stellungnahme des Revisionsamts gebe, da vom Magistrat keine solche vorgelegt wurde. Nachdem diese Frage von der zuständigen Dezernentin Weigel-Greilich zunächst ignoriert wurde, musste sie auf nochmalige Nachfrage von Gigg+Volt eingestehen, dass es eine solche Stellungnahme gebe und diese dem Parlament nachgereicht würde. Dass das Revisionsamt darin die überplanmäßige Ausgabe abgelehnt hatte, wurde vom vollständig anwesenden hauptamtlichen Magistrat jedoch trotz expliziter Nachfrage zum Inhalt der Stellungnahme verschwiegen.
„Das ist nichts anderes als eine systematische Missachtung des Parlaments,“ so Lutz Hiestermann, Fraktionsvorsitzender von Gigg+Volt. „Wie sollen wir als Stadtverordnete unserer originären Aufgabe, nämlich der Kontrolle von Magistrat und Verwaltung, nachkommen, wenn uns die ablehnenden Stellungnahmen des Revisionsamts vorenthalten werden? Das Revisionsamt ist doch genau dafür da, das begrenzte fachliche Knowhow der ehrenamtlichen Stadtverordneten im Zusammenhang mit der Haushaltsführung zu kompensieren und zu prüfen, ob bei überplanmäßigen Ausgaben in Millionenhöhe überhaupt die erforderlichen Bedingungen für eine Genehmigung erfüllt sind.“
Dass es sich hierbei um eine offensichtlich seit Langem gelebte Praxis handelt, macht die Sache aus Sicht von Gigg+Volt nicht besser. „Es ist doch absurd und kann niemandem erklärt werden, dass der Magistrat als kontrollierte Instanz selbst entscheidet, welche Informationen die Kontrolleure erhalten dürfen,“ so Lutz Hiestermann weiter.
Wie richtig das Revisionsamt im konkreten Fall mit seiner Ablehnung lag, zeigt im Übrigen die Entscheidung des Regierungspräsidiums, die überplanmäßige Ausgabe von 2,6 Millionen € für das Jugendamt einer kommunalaufsichtlichen Prüfung zu unterziehen, mit dem Resultat, dass der Vorgang zur Überarbeitung an die Stadt zurückverwiesen wurde. Der Tagesordnungspunkt wurde daraufhin vom Magistrat von der Tagesordnung genommen.
„Das von der zuständigen Dezernentin Weigel-Greilich und der Koalition beabsichtigte erneute Durchwinken eines Millionenbetrags ist also nicht rechtskonform gewesen – eine weitere große Peinlichkeit für den Magistrat und die sie tragenden Fraktionen. Vor dem Hintergrund, dass das Revisionsamt die Entlastung des Magistrats u. a. wegen unklarer Finanzströme im Jugendamt für das Jahr 2018 (und voraussichtlich für weitere Jahre) nicht empfehlen konnte, kann diese Anweisung der Aufsichtsbehörde nur als erneuter Beleg dafür interpretiert werden, dass die Dezernentin die Abrechnung von Leistungen im Jugendamt nicht im Griff hat und dies gegenüber dem Parlament vertuschen wollte – ein ungeheuerlicher Vorgang, den auch Oberbürgermeister Becher nicht ignorieren darf,“ empört sich Lutz Hiestermann abschließend.