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Rede zum Gaskonzessionsverfahren

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir stimmen heute über den neuen Gas-Konzessionsvertrag ab und ich möchte die Gelegenheit nutzen, um ein paar Worte über die Perspektive des Gasnetzes zu sagen. Vorab sei aber auch gesagt, dass wir natürlich die Notwendigkeit eines neuen Konzessionsvertrages anerkennen und dass wir es auch grundsätzlich begrüßen, dass das Netz in der Hand der Stadtwerke und somit auch im Zugriff der Stadt verbleibt. Positiv erwähnen möchte ich auch die erste Kündigungsmöglichkeit zu Ende 2033. Enttäuscht war ich hingegen über die unzureichenden Antworten im Ausschuss zum Monitoring von Methan-Lecks. So entstand bei mir der Eindruck, dass die Formulierung einer „möglichst sparsamen und umweltschonenden“ Betriebsweise in § 8 noch deutlich mit konkreter Substanz gefüllt werden muss. Sie dürfen daher in naher Zukunft mit entsprechenden Anfragen und/oder Anträgen zu diesem Thema rechnen.

Unabhängig davon möchte ich einmal auf die Perspektive von Gas in der privaten Wärmeerzeugung eingehen, denn trotz der uns immer noch allgegenwärtigen Gaskrise wurden im letzten Jahr bundesweit knapp 600.000 neue Gasheizungen installiert. Das sind trotz Krieg und Preisexplosion nur unwesentlich weniger als im Rekordjahr 2021.

Einige davon wurden sicherlich auch in Gießen installiert, obwohl wir in zwölf Jahren klimaneutral sein müssen. D.h. die jetzt getätigten Investitionen sind bis dahin noch nicht mal abgeschrieben. Aber nicht nur die privaten Haushalte investieren weiter fröhlich in Gas, nein auch die Stadtwerke, wie zum Beispiel aktuell in der Ludwigsstraße, wo das Gasnetz ausgebaut oder zumindest saniert wird, aber keine Fernwärmeleitungen verlegt werden. Mir geht es jetzt gar nicht so sehr um diesen Einzelfall, dafür sind mir zu wenige Details bekannt. Mir geht es darum, dass wir als Stadt und insbesondere durch die Stadtwerke ein klares Signal senden müssen, dass sich weitere Investitionen in fossile Infrastruktur auch wirtschaftlich nicht mehr lohnen. Sanierungen an dieser Stelle einmal ausgeklammert. Laut Bundesfinanzministerium werden Investitionen in das Gasnetz über 30 bis 40 Jahre abgeschrieben. Selbst wenn wir 2035Null für einen Moment außer Acht lassen und nur auf die Ziele von Hessen, Bund und der EU achten, wird hier Geld wortwörtlich versenkt.

Aus meiner Sicht muss die Stadt daher ganz offensiv in die Kommunikation gehen und den Stadtwerken und auch den privaten Haushalten sagen, dass eine Investition in Gasinfrastruktur und Gasheizungen auf keinen Fall mehr empfohlen werden kann. Und dass das Netz absehbar nicht nur nicht ausgebaut werden wird, sondern sogar zurückgebaut beziehungsweise stillgelegt werden wird. Wir dürfen die Bürgerinnen und Bürger hier nicht länger im Unklaren und dem Glauben nachhängen lassen, dass ihre Gasheizung einfach irgendwann mal mit Biogas oder mit grünem Wasserstoff betrieben werden wird. Denn Fakt ist, dass das für unser gesamtes Gasnetz nicht möglich sein wird, da wir weder diese Mengen an Biogas, noch an grünem Wasserstoff wirtschaftlich und ökologisch verträglich erzeugen können.

Ich bin sehr froh, dass laut Klimaschutzmanagement bereits an einem Wärmeplan gearbeitet wird und so unserem geplanten Antrag bereits zuvorgekommen wurde. Doch bis der Wärmeplan im nächsten Jahr vorgestellt werden kann, halten wir es für essenziell, dass die Stadt ein klares Signal sendet. Ein Signal, dass Gas ein Ablaufdatum hat. Das genaue Datum mag noch unklar sein, aber es ist deutlich näher als wir aktuell in unsere Investitionsvorhaben einrechnen. Vielen Dank.