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Rede zum Antrag "Energiewende durch Bürgerbeteiligung voranbringen"

Sehr geehrter Herr Vorsteher, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren,

unser Antrag verbindet gleich zwei Themen, die – wenn ich die Aussagen richtig deute - auch nach Überzeugung der Koalition und der meisten anderen Fraktionen hier im Stadtparlament einen hohen Stellenwert einnehmen.

Zum einen die Energiewende, ohne die 2035Null nicht erreichbar ist und ohne die wir weiterhin abhängig von fossilen Autokratien bleiben und zum anderen die Bürgerbeteiligung, bei der sich Gießen und insbesondere die Gießener SPD gerne als Vorreiter sehen.   

Und doch wurde unser Antrag im Ausschuss abgelehnt und das, aus meiner Sicht, ohne einen einzigen stichhaltigen Grund. Kollege Nübel verwies lediglich auf den seinerseits befürchteten Aufwand einer solchen Beteiligungsmöglichkeit, der die neugegründete GmbH überfordern könnte. Dem möchte ich erneut entgegenhalten, dass der Aufwand noch überhaupt nicht bekannt ist. Bei unserem Antrag handelt es sich um einen Prüfantrag, an dessen Ende natürlich auch die Empfehlung stehen könnte, eine finanzielle Bürgerbeteiligung nicht umzusetzen. Dann aber bitte mit nachvollziehbaren Gründen und nicht so nübolös. Auch möchte ich erneut darauf hinweisen, dass uns bei der Vorstellung des Konzepts der MIT.GIESSEN GmbH vorgeschwärmt wurde, wie schlagkräftig die neue GmbH dank der Zusammenarbeit mit den Stadtwerken wäre. Und gleich bei der ersten kleinen möglichen Zusatzaufgabe ist davon nichts mehr übrig?

Das Energiewende-Puzzle hat viele Teile und ist eine enorme Aufgabe. Gerade vor den begrenzten Möglichkeiten, die wir auf dem Stadtgebiet haben, müssen wir jede Chance ergreifen, um einen Schritt in die richtige Richtung zu gehen und sei er noch so klein. Und dabei, lieber Kollege Nübel, können wir nicht wie von Ihnen vorgeschlagen einfach mal 2 oder 3 Jahre abwarten und dann mal schauen, ob die Bürgerbeteiligung eine Chance wäre. Mit dieser Aussage zeigen Sie sehr deutlich, dass Sie die Dringlichkeit der Energie- und Klimawende und die Größe der Herausforderungen noch immer nicht verstanden haben.

Ja, die Bürgerbeteiligung mag nur eine kleines Puzzlestück sein, da sie nicht direkt zu mehr Erneuerbaren Energien führt. Aber die Energiewende hat keine Chance, wenn wir es nicht schaffen, die Bürger*innen mitzunehmen. Immer wenn es um die Zielerreichung 2035Null geht, wird auf die Mitverantwortung der Bürger*innen verwiesen, dann passt es doch nicht, jetzt hier auf die Bremse zu treten.

Zum Schluss möchte ich nochmal die Vorteile und Chancen einer finanziellen Bürgerbeteiligung auflisten:

  1. Sie nutzt die in anderen Kommunen bereits gezeigte Bereitschaft der Bürger*innen auch zu niedrigen Zinssätzen zu investieren, um die eigene Stadt zu unterstützen

  2. Sie schafft eine stärkere Identifikation der Bürger*innen mit den Zielen der Energiewende und der Klimaneutralitätsverpflichtung

  3. Sie setzt ein klares Signal, dass es einen Unterschied macht, wo man das eigene Geld investiert

  4. Sie bringt eine gesteigerte Aufmerksamkeit für die Klimaschutzmaßnahmen der Stadt und ihrer Vorbild-Funktion

  5. Sie steigert die regionalen Wertschöpfung, da die Zinserträge zu den Gießener*innen zurückfließen

  6. Und mit der Nutzung einer bestehenden, aber auf Gießen komplett anpassbaren Plattform können Aufwand und Kosten durch eine rein digitale Abwicklung minimiert werden.   

Rede im HFWRE-Ausschuss am 13. Februar 2023:

 

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Wir haben vorhin schon sehr ausführlich über das Thema Bürgerbeteiligung gesprochen und ich habe dabei eine sehr große Einigkeit über deren hohe Bedeutung wahrgenommen.

Ein Werkzeug, über das wir dabei noch nicht gesprochen haben, ist die finanzielle Bürgerbeteiligung. Gerade beim Ausbau der erneuerbaren Energien halten wir sie jedoch für ein wichtiges Werkzeug, um eine stärkere Identifikation mit den Zielen der Energiewende zu erreichen. Andere Kommunen setzen dieses Werkzeug daher auch schon sehr erfolgreich ein, wie Sie an den Beispielen in unserem Antrag aus München, Konstanz oder auch Marburg sehen können. In all diesen Kommunen konnten erneuerbare Energieprojekte sehr schnell und zu günstigen Konditionen durch die Beteiligung der Bürger finanziert werden.

Die Kommunen profitieren aber nicht nur von den günstigen Konditionen, sondern lenken mehr Aufmerksamkeit auf ihre Klimaschutzmaßnahmen, unterstreichen die Bedeutung der erneuerbaren Energien und halten auch noch mehr Wertschöpfung in der Region, denn die Zinserträge fließen dann direkt wieder zurück in die Portemonnaies der Bürgerinnen und Bürger. Wir möchten den Magistrat daher bitten zu prüfen, welches Finanzinstrument am geeignetsten erscheint, um eine Bürgerbeteiligung an den Investitionsvorhaben der MIT.GIESSEN zu ermöglichen.

Wir können uns dabei eine Fortsetzung des Solarsparbriefs vorstellen, den es in der Vergangenheit ja bereits einmal in Gießen gegeben hat, oder die vielleicht etwas modernere Variante des Nachrangdarlehns, die inzwischen vermehrt in Kommunen zum Einsatz kommt und sich sehr gut auch digital über entsprechende Plattformen abbilden lässt. Ich bitte daher um ihre Zustimmung zu unserem Antrag.

Vielen Dank.