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Rede zum Abschlussbericht des Akteneinsichtsausschuss „Geldanlage Greensill“


Herr Vorsitzender, werte Kolleginnen und Kollegen,

 

der Abschlussbericht zur Akteneinsicht wurden den Ausschussmitgliedern am Tag der letzten Sitzung mündlich vorgetragen. Eine schriftliche Version vorab gab es leider nicht.

 

Neben den ausführlichen und rein formalen Inhalten ist jedoch das Fazit des Berichtes genauso Bescheiden und dünn wie die Akten selbst.

 

Als Ergebnis zitiert man zwei Sätze eines 5-seitigen Dokumentes de Regierungspräsidium Gießen welche ebenfalls identisch sind mit dem Ergebnis der schriftlichen Stellungnahme der Koalition zur Akteneinsicht (hier Punkt 6 und 7).

Ich hatte schon erwartet, dass man sich kontrovers mit den Stellungnahmen der anderen Fraktionen auseinandersetzt und dies zumindest punktuell mit in den Bericht aufnimmt. Fehlanzeige.

 

(1) Zu den beiden zitierten Sätzen des RP: Im Abschlussbericht mit einem Platzhalter gekennzeichnet und ausgelassen hat man den Satz dazwischen, der heißt: „Insoweit hat die Stadt bereits selbstkritisch in Frage gestellt, ob Entscheidungen ausschließlich auf der Grundlage von Ratings noch eine ausreichende Sicherheit zur Vermeidung von Risiken bieten könne.“ Hier kommt also nicht nur das Regierungspräsidium Gießen sondern auch die Stadt selber schon zum Schluss, dass in dem gesamten Vorgang vorzugsweise nur das Rating beachtet wurde und andere Kontrollen der Richtlinie vernachlässigt wurden.

 

(2) Zum Zeitpunkt des Abschlusses im Oktober 2020 war das Rating BBB+ und nicht A-, wie fälschlicher Weise angenommen. In den Akten zur Charge 2 finden sich Unterlagen der Scope Rating GmbH, veröffentlich am 16.10.2020 mit einem Rating BBB+ NEGAVTIVER AUSSICHT und kurzfristiger Aussicht NEGATIV. Dies zeigt an, dass das Rating herabgestuft werden könnte. Hier hätte man, wie auch vom Regierungspräsidium benannt, weitergehende Informationen einholen müssen. Darüber ist in den Akten nichts dokumentiert.

 

Somit hat meiner Ansicht nach auch keine kontinuierliche Überwachung der Geldanlage, wie in Punkt 4. Absatz 4 der Richtlinie gefordert, stattgefunden. Und wenn doch, wurden daraus keine Maßnahmen abgeleitet. Eine Dokumentation zu diesem Punkt ist auch nicht zu finden.

 

(3) Vertragsbedingungen und Fristen zu beiden Anlagen sind nicht Bestandteil der Akten. Auch Anmerkungen, dass diese empfangen und unterzeichnet wurden sind nicht zu finden. Somit gibt es keine Hinweise darauf, unter welchen Bedingungen die Anlagen vorzeitig gekündigt werden können, sofern das Rating unterhalb BBB+ fallen sollte.

 

(4) Im Punkt 3 Absätze 1 und 3 der Richtlinie finden sich die Hinweise; „Dabei hat die Sicherung des Kapitalstocks oberste Priorität“ und „Im Zweifelsfall ist Sicherheit als vorrangiges Ziel vor einem höheren Ertrag anzusehen“. Das ist allerdings stark zu hinterfragen, wenn man einen Ertrag von € 7.719,- bei einem Investment vom 10 Millionen € mit einem Ranking von BBB+ mit negativer Aussicht betrachtet und dem damit verbunden erhöhtem Risiko und einem eventuellem finanziellen Totalverlust.

 

Hier lasse ich auch nur bedingt das Argument „Hinterher ist man immer schlauer“ gelten.

Es war das erste Mal, dass man eine Geldanlage getätigt hat, und gerade beim ersten Mal sollte man meinen, dass alles doppelt und dreifach ge- und überpüft wird, bevor man eine Entscheidung fällt.

 

Somit komme ich zu folgendem Schluss:

 

Zu bemängeln ist die marginale bis nicht vorhandene Dokumentation über die Entscheidungsfindung und Risikobewertung der Geldanlagen. Eine tiefergehende Betrachtung des gesamten Vorganges und vorhandener Warnhinweise hätte dazu führen können die erste Charge nicht anzulegen und dazu führen müssen die zweite Charge nicht zu tätigen. Zu diesem Entschluss hätte man auch mit der bestehenden Richtlinie gelangen können, wenn man allen Anforderungen und Punkte der Richtlinien mit der notwendigen Sorgfalt und Tiefe beachtet und mit in die Entscheidung hätte einfließen lassen. Punkte die so, oder so ähnlich ebenfalls im Bericht des Regierungspräsidium Gießen zu finden sind aber in keiner Weise in den Abschlussbericht erwähnt werden.

 

Wenn man das als Verantwortliche*r einmal selbstkritisch und ehrlich reflektieren würde, kann man durchaus erkennen, dass hier Fehler gemacht wurden!

 

Vielen Dank.

Gehalten von Frank Schuchard, Gigg+Volt, im Rahmen der Stadtverordnetenversammlung am 16. Dezember 2021